Rentabilität von Wohnimmobilien

-Verzögerte Auswirkungen der Mietpreisrückgänge-







Zielgruppe:
Zielgruppe dieses Aufsatzes sind Käufer und Vermieter von Mehrfamilienhäusern.

Vorbemerkungen:
Neben der Grundstücks- und Gebäudequalität ist beim Kauf von vermieteten Mehrfamilienhäusern der Mietertrag ein wichtiger Teil in der Gesamtbeurteilung des Objektes. Die tatsächlichen Mieterträge sind wegen der Regelungen des Gesetzes zur Miethöhe (MHG) in Bezug zur ortsüblichen, nachhaltig erzielbaren Miete zu setzen.
 
 

Rentabilität von Wohnimmobilien

-Verzögerte Auswirkungen der Mietpreisrückgänge-

Von Christoph Roth 8/99





Mehrfamilienhäuser werden am Immobilienmarkt wegen gleichmäßiger Erträge, hoher Investitionssicherheit und erfahrungsgemäß guter Wertbeständigkeit geschätzt. Beim Kauf bestehender Objekte ist neben dem aktuellen Mietertrag auch die Relation zu den marktüblichen Neuabschlußmieten und zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu beachten. Nur Immobilien mit nachhaltig erzielbaren Mieterträgen sichern Käufern bei angemessenem Verwaltungsaufwand und geringen Mietausfällen die angestrebte Sicherheit und Rendite ihrer Immobilieninvestition. Die Untersuchung der Mietstruktur im angebotenen Objekt muß neben der aktuellen Miethöhe, die Vertragslaufzeiten der einzelnen Mietverträge und die Zeitpunkte der letzten Bestandserhöhungen mit einbeziehen.
 

Die Mieterhöhung in den üblichen, unbefristeten Wohnraumverträgen ist an die Regelungen des Miethöhegesetzes gebunden. Grundsätzlich sind Mieterhöhungen bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich. Mietspiegel geben vielerorts die ortsübliche Vergleichsmiete wieder. Die Höhe der rechtlich definierten ortsüblichen Vergleichsmiete ist Vermietern und Mietern im Einzelfall jedoch oft unbekannt. So kommen regelmäßig Miethöhen vor, die deutlich von der ortsüblichen Vergleichsmiete abweichen. Über- und Unterschreitungen von 20% und mehr sind dabei nicht selten.
 

Die Gründe für die teilweise extremen Unterschiede in der Miethöhe, selbst bei nahezu qualitätsgleichen Wohnungen, sind vielfältig. An den Miethöhen läßt sich oft die Mietkonjunktur im Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses ablesen. Jeder einzelne Eigentümer bzw. Verwalter setzt zudem in der Vermietungspolitik unterschiedliche Schwerpunkte. Dabei stellen manche Vermieter die Optimierung der Miethöhe in den Vordergrund. Andere Vermieter suchen zur Reduzierung von Verwaltungs- und Instandhaltungsaufwand bei geringer Fluktuation eine ausgeglichene, zahlungskräftige Mieterklientel. Sie verzichten bewußt auf eine Miethöhenoptimierung. Der Anteil der Nebenkosten am Mietertrag ist selbst in einem Objekt vielfach vertragsabhängig und deshalb wohnungsweise verschieden. Dies erschwert den zutreffenden Vergleich der Miethöhen, weil die verschiedensten Spielarten von Brutto-Warm bis Netto-Kalt-Mieten nebeneinander existieren. In Gemeinden mit Mietspiegeln werden oft falsche Einordnungen in die ausgewiesenen Qualitätsgruppen vorgenommen oder in Unwissenheit über den Charakter der ortsüblichen Vergleichsmiete falsche Schlüsse aus den Mietspiegelangaben gezogen.
 

Die ortsübliche Vergleichsmiete des Miethöhegesetzes ist eine bestimmte Durchschnittsmiete qualitätsähnlicher Wohnungen. Berücksichtigt werden sowohl die Miethöhen neu abgeschlossener Mietverträge als auch die Miethöhen aus den Mieterhöhungen in laufenden Verträgen. Dabei fließen Mietpreisvereinbarungen beider Arten aus den vergangenen vier Jahren ein. Die Gewichtung bei der Berechnung des Durchschnittes hat sich am Verhältnis zwischen Neuabschlüssen und Bestandserhöhungen im örtlichen Mietmarkt zu orientieren. Dies ist für die ortsübliche Vergleichsmiete deshalb von großer Bedeutung, weil die erhöhten Bestandsmieten in der Miethöhe regelmäßig deutlich unter den Neuabschlußmieten liegen.
 

So übt die ortsübliche Vergleichsmiete in Perioden kontinuierlich steigender Mieten einen politisch gewollten, mietpreisdämpfenden Einfluß auf die Mietpreiserhöhung im Wohnungsbestand aus. Umgekehrt wirken auch rückläufige Miethöhen im Neuabschluß nur zeitlich verzögert und nur dann mit deutlichem Einfluß auf die ortsübliche Vergleichsmiete, wenn über Jahre andauernd rückläufige oder auf niedrigem Niveau verharrende Neuabschlüsse vorkommen. Das sichert stabile Erträge im kompetent verwalteten älteren Wohnungsbestand. Kurzfristige Einbrüche der Miethöhe im Neuvertrag üben bei großem Einfluß der erhöhten Bestandsmieten auf den ausschlaggebenden Durchschnitt nur einen geringen Einfluß auf die ortsübliche Vergleichsmiete aus. Die ortsübliche Vergleichsmiete zeichnet sich in der einmal eingeschlagenen Entwicklung durch großes Beharrungsvermögen aus, weil sich in ihr faktisch die Mietpreisentwicklung des gesamten vergangenen Jahrzehntes widerspiegelt.
 

Weniger bekannt ist, daß die ortsübliche Vergleichsmiete indirekt durch die sogenannte Wesentlichkeitsgrenze des Wirtschaftsstrafgesetzes die Neuvertragsmieten begrenzt. Diese Grenze liegt 20% oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete. Überschreitungen der Wesentlichkeitsgrenze können unter bestimmten weiteren Voraussetzungen Rückforderungsansprüche der Mieter und auch Geldbußen nach sich ziehen.
 

Durch die Mietpreisrückgänge der letzten Jahre in der Neuvermietung des jüngeren Wohnungsbestandes droht in diesen Teilmärkten generell eine erhöhte Gefahr der Aufdeckung von Mietpreisüberhöhungen. Die im Neuvertrag zumeist wesentlich über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Neuabschlüsse werden nicht mehr in relativ kurzen Zeiträumen von der Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeholt. Die Gefahr trifft besonders stark die Objekte, bei denen die Mietverträge überwiegend in der vergangenen Hochpreisphase abgeschlossen wurden. Es häufen sich weiter wegen der bekanntermaßen stark unterschiedlichen Mietpreisvereinbarungen die Fälle mit 50% Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete, der sogenannten Wuchermiete. Nach Klärung von Präzedenzfällen kann sich in derartigen, meist jüngeren Objekten die Ertragslage schlagartig soweit verschlechtern, daß die Rentabilität der getätigten Investition nicht mehr gegeben ist. Die einst vereinbarte und nun im Bereich des Mietwuchers verharrende Bestandsmiete läßt sich im Objekt nicht mehr halten. Dies geht einher mit den, nun offensichtlich werdenden, deutlichen Wertverlusten der Immobilie. Käufer derartiger Immobilien sollten deshalb verstärkt auf die Relation zwischen tatsächlicher Miethöhe und ortsüblicher Vergleichsmiete achten und Ungleichgewichte mit entsprechend deutlichen Preisabschlägen quittieren.
 

Bestandserhöhungen sind in nahezu allen älteren Wohnimmobilien zur Sicherung einer angemessenen Rendite nötig. Mietverhältnisse werden oft über Jahrzehnte im gegenseitigen Interesse von Vermieter und Mieter aufrecht erhalten. Über 40 % der Mietverhältnisse laufen schon länger als 10 Jahre. Mehr als zwei Drittel aller Mietverhältnisse werden, zumindest in Mietspiegelgemeinden, im zwei Jahres Rhythmus mit Neuerstellung der Mietspiegel an die ortsübliche Vergleichsmiete angepaßt.
 

Fehlen in älteren Objekten Bestandserhöhungen und sind die Vertragslaufzeiten vergleichsweise kurz, kann das Objekt unter Inkaufnahme längeren Mietausfalls und höheren Vermietungsaufwandes oder unter Ausnutzung der letzten Hochpreisphase ein heute unüblich hohes Mietniveau aufweisen. Ein derartiges Niveau läßt sich, wenn überhaupt, in Mietermärkten nur mit hohem Verwaltungsaufwand auf Kosten des Reinertrages halten. Die für den Käufer zunächst attraktive Relation zwischen Rohertrag, sprich Netto-Kalt-Miete, und Kaufpreis relativiert sich über die oft nicht offenliegende Kostenseite der Verwaltung des Objektes und die künftig rückläufigen Mieterträge.
 

In anderen Objekten wurde die Möglichkeit der Bestandserhöhung über längere Zeit nicht wahrgenommen. In solchen Objekten hat sich dann ein Mietniveau deutlich unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete eingestellt. In derartigen Immobilien ist eine kurzfristige Heranführung der Miethöhen an das ortsübliche Niveau nicht nur wegen der gesetzlichen Kappungsgrenzen unmöglich. Neue Eigentümer müssen in diesen Fällen regelmäßig mit Besitzstand wahrenden Einwendungen der Mieter rechnen. Regelmäßig kommen dann selbst bei angemessenen Erhöhungsforderungen Mängel der Mietsache und die Nebenkostenabrechnung in die Diskussion. Deshalb reicht in solchen Fällen der einfache Hinweis der Verkäufer auf das ortsübliche Mietniveau und die Steigerungsfähigkeit der Mieten nicht aus. Ertragsausfälle in einer angemessenen Anpassungszeit sind kaufpreismindernd zu berücksichtigen.
 

Die Rentabilität von Mehrfamilienhäusern wird wesentlich von den Bestimmungen des Miethöhegesetzes mitbestimmt. Die ortsübliche Vergleichsmiete wirkt grundsätzlich mietpreisdämpfend und ertragsstabilisierend. In Teilmärkten mit länger andauernden Mietpreisrückgängen kann es jedoch bei latenter Mietpreisüberhöhung auch schlagartig zu deutlichen Ertragsrückgängen im Objekt kommen. Käufer von Renditeobjekten des Wohnungsimmobilienmarktes suchen regelmäßig eine sichere Kapitalanlage unter Inkaufnahme einer mäßigeren, laufenden Verzinsung des eingesetzten Kapitals durch Mieteinnahmen. Erwartet werden künftige Wertsteigerungen der Immobilie. Neben den beim Immobilienerwerb sonst wichtigen Qualitätskriterien ist zur Gewährleistung der Investitionssicherheit beim Kauf von vermieteten Mehrfamilienhäusern auf ein angemessenes Verhältnis des aktuellen Objektmietniveaus im Vergleich zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu achten. Stabile Erträge lassen sich nach wie vor mit Wohnungsimmobilien erwirtschaften, deren Mietenstruktur einen gesunden Anteil erhöhter Bestandsmieten enthält und deren Verwaltung fachgerecht weitergeführt wird.
 
 

Der Autor ist Beratender Ingenieur und von der Industrie- und Handelskammer zu Köln öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, Mieten und Pachten in Leverkusen.

 home